Das Evangelium nach Pilatus von Eric-Emmanuel Schmitt

Das Evangelium nach Pilatus von Eric-Emmanuel Schmitt

Ostern und Passionszeit liegen noch nicht lange zurück – natürlich in umgekehrter Reihenfolge 😉 . Matthäus-Passion und Oster-Oratorium allerorten, altvertraute Texte, noch vertrautere Musik. Herz, was willst Du mehr?

Vielleicht ein paar Gedankenanstupser. Und da passt dieses Buch von Eric-Emmanuel Schmitt gut in diese Zeit. Die Geschichte ist bekannt.

Ist sie das?

Codex Tchacos p33
Eine Seite aus dem bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts verschollenen Judas-Evangelium
Eric-Emmanuel Schmitt bringt ein paar neue Aspekte hinein: Wie im Judas-Evangelium ist hier Judas nicht der Verräter, sondern der wahre Lieblingsjünger Jeschuas; einer auf Augenhöhe, einer, der verstand. Und Jeschua  – also Jesus – selber ist nicht derjenige, der die Gewissheit „mit Löffeln gefressen“ hat. Er ist ein Zweifler, ein Zauderer, einer, der Angst hat.

Was das mit Pilatus zu tun hat? Geduld – der kommt auch noch. Denn wenngleich im Titel nur das „Evangelium nach Pilatus“ benannt wird, besteht das Buch aus zwei Teilen. Im ersten Teil hören wir Jeschuas Stimme.

Gebhard Fugel Pilatus
Eine Skizze von Gebhard Fugel zur bekanntesten Szene der Evangelien – Pilatus wäscht sich die Hände

Der zweite Teil ist nun der titelgebende: Hier berichtet Pilatus in Briefen an seinen Bruder in Rom von den Geschehnissen in Jerusalem. So wie die Geschichte passiert, geht sie nach Rom. Die Feierlichkeiten zum Fest, die Verurteilung und Hinrichtung, die Zweifel seiner Frau, die Jeschua kannte, wie sich später herausstellt. Die Nachricht vom leeren Grab bringt Bewegung in die Sache – Pilatus versucht herauszufinden, wer aus welchen Gründen da seine Hände im Spiel haben könnte. In Verdacht geraten Kaiphas, Josef von Armathia und Herodes. Jeder dieser Verdächtigen hat überzeugende Argumente zu bieten, so dass Pilatus immer wieder mit leeren Händen da steht.  Im Laufe der Zeit verändert sich seine Einstellung – sein Bruder und ich als Leserin können verfolgen, wie er zunehmend vom skeptischen Römer zu einem verwirrten, zweifelnden, beeindruckten Menschen wird.

Mehr wird nicht verraten 😉 .

Den Abschluss des Buches bildet eine Art Tagebuch von Eric-Emmanuel Schmitt über die Arbeit an diesem Buch. Auch spannend.

Eric-Emmanuel Schmitt: Das Evangelium nach Pilatus, übersetzt von Brigitte Grosse, Ammann Verlag, Zürich, 2005, ISBN: 3250600644

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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